Alter Wein und neuer Schnaps

Immer wieder fasziniert mich das komplexe Zusammenspiel aus Chemie, Biologie, Soziologie und wer weiß was noch, das dazu führt, dass Menschen sich zueinander hingezogen fühlen. Gestern Abend gab es ein eigentlich banales, aber mir sehr eindrückliches Erlebnis aus dieser Kategorie:

Dirk und ich waren auf der Geburtstagsfeier eines alten Freundes. Man redete, trank und schaute in den Feuerkorb. Es waren genug alte Bekannte da, dass man problemlos von Gesprächspartner zu Gesprächspartner hüpfen konnte und nicht auf seine Begleitung angewiesen war, mit der man sich ja hinterher schließlich noch lang und breit über Eindrücke und neue Informationen austauschen kann.

Je nachdem, wie spannend die Berichte des gegenwärtigen Gesprächspartners sind, besteht die Möglichkeit, die Augen schweifen zu lassen und kurz zu registrieren, wer gerade schon viel zu lange und intensiv mit wem redet. Bei einem solcher Rundblicke durch meine mittlerweile etwas verschleierten Augen, bleibt meine Aufmerksamkeit bei Dirk hängen: Irgendwas ist anders. Aber was mich fasziniert ist nicht die Tatsache, dass er plötzlich dicht bei der äußerst attraktiven Ex-Freundin des Gastgebers sitzt. Der raucht!

Das ist an sich noch nicht sehr besonders. Dirk ist zwar passionierter Nichtraucher, aber zu hohen Feiertagen wie dem Jahreswechsel oder meinetwegen auch dem Geburtstag besagten Freundes habe ich dieses Verhalten durchaus schon erlebt. Nur Zigarillos und natürlich nicht inhaliert!

Das Besondere ist vielmehr, wie mein wie gesagt leicht eingenebelter Verstand auf dieses Bild reagiert: Das vorhin durchaus bewusst zugunsten anderer Gesprächspartner verlassene Tier dort auf der anderen Seite des Feuers mit der kleinen Glut zwischen den Fingern und dem Rauch in den Haaren wird durch dieses ungewohnte Accessoire plötzlich gewaltig attraktiv!

Ich verbürge mich hiermit dafür, dass ich mich wirklich noch nie aufgrund dieser Eigenschaft zu Rauchern hingezogen gefühlt habe. Nichts gegen Sartre, Brando oder andere einsame Wölfe, die sich ausschließlich an diesem kleinen Stengel festhalten, um verwegen allein ihren Mann zu stehen und Frauenherzen im Dutzend zu brechen - aber dadurch hat mich noch keiner beeindruckt.

Nichtsdestotrotz erzählt der Typ neben mir plötzlich einigermaßen ins Leere von den Schwierigkeiten der Selbstmotivation beim wissenschaftlichen Arbeiten, während ich mit glasigem Blick fasziniert den Typen da drüben anstarre. Der Kerl geht mir unter die Haut!

Noch während ich mich von dieser plötzlichen Gefühlsaufwallung fortschwemmen lasse, wird mir irgendwo im noch nicht ganz untergegangenen Großhirn klar, dass das eine ziemlich inadäquate Reaktion auf ein banales, gesundheitsschädigendes Detail ist. Gleichzeitig wird allerdings konstatiert, dass es keinerlei moralische Einwände gegen eine vorübergehende Schwäche für den legitimen Gefährten gibt. Also genieße ich den seltsamen Augenblick im unsteten Schatten einer imaginären rot blinkenden "Match"-Leuchte am Dach des Carports und muss mich erst jetzt mit den wieder aufsteigenden Bildern beschäftigen.

Die einzige Erklärung, die mir einfällt, ist diese bestechende Kombination aus alt bewährt und aufregend neu, mit der dieses Bild bei mir durch den Reiz des völlig unbekannten Bizarren gepaart mit bestärkendem Urvertrauen auf eine gewisse Sicherung gefeuert haben muss.

Aber die Damen und Herren Nutzergruppen können hier sicherlich Interpretationshilfe leisten.

Vielleicht sollte ich auch einfach nicht so tief ins Glas schauen...
dialogannahme - 16. Aug, 08:58

Es ist sicherlich die Beherrschung des Feuers, die dich in deinem tiefsten Inneren anspricht...
Nutzergruppe 1

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