Dirk ihm seine Welt (1)

Kaum eine Woche vergeht mehr ohne das Wort Pisa in der Tageszeitung. Kaum ein Tag ohne Heranwachsende, die meinen, mit den Vokabeln Aller, Digger und Ey zwei Drittel ihrer Gespräche bestreiten zu können. Kaum eine Stunde ohne nervige Klingeltonwerbung. Du Land der Dichter und Denker, was soll nur aus Dir werden?

(Moment, ich texte hier doch nicht für einen dieser schwarzseherischen Spots, die Sabine Christiansen gerne ihren "Diskussionsrunden" vorschaltet.)

Ich glaube sogar inzwischen wieder fest an unseren Nachwuchs. Aus folgenden Gründen:

Der Saalburg-Zwischenfall

Saskia und ich besuchten vor etwa zwei Wochen ein ehemaliges Kastell des römischen Limes, in dessen Museumsteil unter anderem die eindrucksvolle Ausdehnung des Römerreichs auf einer Karte dargestellt wurde. Vor dieser Karte hielt auch eine Familie inne. Vater, Mutter, zwei Kinder. Klassisch.

Das jüngere der beiden Kinder – etwa sieben Jahre alt und furchtbar wissbegierig – schaute zu seiner Mutter hinauf und fragte: "Wo auf der Karte liegt Hannover?" Doch ehe die Mutter auch nur den Hauch einer Chance hatte, mit dem Finger die Antwort zu deuten, klärte das ältere Kind – etwa neun Jahre alt und ähnlich oft klug – mit jeder Menge Verachtung in der Stimme auf. "Oooh, Maaann. Hannover wurde doch erst im zwölften Jahrhundert gegründet!" Es gibt eben doch dumme Fragen…

Maronen-Mats

Die Rückfahrt im ICE war verhältnismäßig arm an Zwischenfällen. Gut so. Entertainment wurde nur kurz geboten, als der Oberschaffner zum International Man of Zugdurchsage mutierte. "In waggon number seven you will found free places."

Während ich mich anschließend eine ganze Weile fragte, was Lothar Matthäus wohl gerade mache, spielte auf dem Sitz mir gegenüber ein kleiner Junge – etwa drei bis vier Jahre jünger als jenes hohle Gör am Limes, das ganz offensichtlich von der ersten urkundlichen Erwähnung Hannovers keine Ahnung hatte. Bemerkenswert ruhig schob er seine Bauklötze auf dem hässlichen Bahnsitz hin und her, als urplötzlich seine Mutter ihren Spross nach dem Befinden fragte.

Er antwortete in einem einzigen, wohl artikulierten Satz, der mich bis heute nicht loslässt. Er handelte nicht von PlayStations, Angriffskriegen oder Fußballweltmeisterschaften. Nein, dieses Kind war beneidenswert unschuldig – und erklärte: "Mama, die gehen in den Wald und sammeln Maronen!"

Vielleicht wird ja doch noch alles gut.
Schanzentorte (Gast) - 8. Nov, 09:20

Änd zänk juh foa träwelin wiz deutsche Bahn!

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