Jetzt ist er krank! Und gibt erbärmliche Geräusche von sich.
(Wer jemals dem akkustischen Hochgenuss eines Naseputzens von Dirk beiwohnen durfte, weiß, was ich mit "kleiner Elefant" meine.)
Ich sah mich tatsächlich genötigt, mich mit gestrenger, aber gütiger Miene auf seine Bettkante zu setzen, ihm prüfend die Hand auf de Stirn zu legen und zu fragen: "Did you drink enough?" (Nebenan diekutieren sie übrigens gerade den Sinn und Unsinn von warmem Bier.)
Saskia - Donnerstag, 15. September 2005
I have never looked into your computer at all - only twice
(Der Kleine zum Thema Vernetzung)
Saskia - Dienstag, 13. September 2005
Es ist ohnehin sehr bereichernd, den Alltag mit einem gänzlich unbekannten Menschen zu erleben (Wer hätte gedacht, dass es Leute gibt, die Ketchup auf Pizza tun?), aber es ist geradezu unglaublich spannend, das mit jemandem zu tun, der gänzlich anders aufgewachsen ist. Ich hatte ja keine Ahnung von der Rezeption Biene Majas in Polen! Dirk kann jetzt schon eins bis zehn Biere in unserer östlichen Nachbarrepublik bestellen und "der Kleine" durfte auf einer richtigen Party sein neu erlerntes "Was geht, Digga" ausprobieren. Bei der Gelegenheit durfte ich wiederum lernen, dass es sich dabei keineswegs um ein gesamtdeutsches Phänomen der Jugendsprache handelt... ...und dass wir sehr tolerante Freunde haben.
Saskia - Montag, 12. September 2005
Dirk hat ihm die wichtigen Verhaltensmaßregeln beigebracht:
Now, that Saskia is here you need to learn some additional rules: Always empty the kettle completely after use.
Wir haben aber auch neue Regeln erfunden:
Jeden Abend eine Stunde und ein Bier länger aufbleiben.
Jedes Wort, das nicht alle verstehen, wird in drei verschiedenen Wörterbüchern nachgeschlagen.
Jede Woche ein deutscher Abend. (Diese Woche allerdings nach 10 Minuten wegen Verständigungsschwierigkeiten abgebrochen.)
Saskia - Donnerstag, 8. September 2005
Als ich gestern nach vermeintlich stillen 9 Tagen in mein Heim zurückkehrte, wurde ich empfangen mit den gewisperten Worten: "Pst, der Kleine schläft."
Wir haben einen Gast! Natürlich kein Kleinkind, sondern einen ausgewachsenen, der zum Essen und zum Schlafen bleibt und Geschichten erzählt. Das gefällt mir! Es ist vor allem ein wunderbarer Vorwand, um abends in anderer Leute Bett zu kriechen (nicht das des Gastes selbstredend).
Die andere Seite der Medaille bei der Beherberbung zweier haariger Monster scheinen die linear ansteigende Verschmutzung (vielleicht hatten sie aber auch einfach keine Lust zu putzen) und der eher exponenziell anwachsende Platz im Kühlschrank zu sein, der von Bier belegt wird.
Ich bin sehr gespannt auf weitere Erfahrungen dieser Ménage à Trois...
Saskia - Dienstag, 6. September 2005
Eine wirklich huebsche Szene am Samstag:
Ich fuhrwerke mit beiden Haenden und wippenden Hueften im gsammelten Abwasch einer Woche, waehrend Dirk mit Gitarre auf dem Kuechenhocker intoniert: I look at the floor and I see it needs sweepingStill my guitar gently weeps
Saskia - Sonntag, 28. August 2005
Ist es schon so weit?! Sind sie schon friedlich, häuslich und einträchtig geworden?!
Nein, natürlich nicht. Aber auch wenn es da draußen nicht so aussieht, ist es Sommer und das geht mit Ausflügen hier und da, draußen spielen und allerlei anderen lustigen aushäusigen Aktivitäten einher. Und so haben wir einfach kaum Gelegenheit uns in der häuslichen Enge aneinander aufzureiben. Nur so ist die Ruhe im Karton zu erklären.
Aber versprochen, wir ziehen uns schon mal warm an für den Winter...
Saskia - Donnerstag, 25. August 2005
Mein Papa, von dem Dirk sowieso immer behauptet, er klinge wie Käpt'n Blaubär - insbesondere dann, wenn er sein international erworbenes Seemannsgarn ausbreitet - hat mit seiner unnachahmlich hanseatischen Holzhammerweisheit erkannt, warum das Leben im Sauertopf so viel friedlicher verläuft, als zunächst gedacht:
Seemannsehen sind die glücklichsten.
(schreibe ich am Sonntagnachmittag aus meinem Büro...)
Saskia - Sonntag, 7. August 2005
Ich komme nach Hause, und meine Wäsche liegt gewaschen auf meinem Bett.
Ich komme nach Hause, und die Zeitung liegt für mich auf dem Küchentisch bereit.
Ich komme nach Hause, und der Fußboden ist "an den wichtigsten Stellen gesaugt, obwohl es gar nicht nötig wäre".
Ich komme nach Hause, und es stehen leckere Nudeln für mich in der Mikrowelle bereit.
Ich komme nach Hause, und der Mülleimer ist geleert.
Ich komme nach Hause und werde mit einem Lächeln begrüßt. Wenn es ganz schlimm ist, sogar gestreichelt. Ich darf dann meine Ruhe wollen oder wasserfallartig alles erzählen, was mir den Tag über passiert ist.
Was will ich noch?
Saskia - Freitag, 5. August 2005
Samstagabend war wie im Märchen: Ich saß als holde Maid auf meinem Turm über der Dorflinde, mäßig unterhalten vom umwohnenden gehobenen Ghetto-Pöbel. Beinahe hätte ich mein Haar heruntergelassen, um die Gäste hinaufzuholen in mein Gemach. 20 Minuten zuvor hatten wir eine Kiste Bier vom Nachbarhof geholt, die Ankömmlinge brachten Speisen und Musik mit. Der Hamburger Sommer ließ freizügiges Draußensitzen bis Mitternacht im Kleidchen zu. Es war wirklich sehr schön da auf dem Balkon - umringt von sechs Männern auf Strumpfsocken. Ich habe hier nicht nur meinen täglichen Froschkönig, sondern manchmal werden sogar frühkindliche Schneewittchenphantasien wahr.
Saskia - Dienstag, 2. August 2005
Es ist eine Freude, einen handwerklich begabten und ambitionierten Mann im Haus zu haben. Er fabriziert zwar meistens mit großem Aufwand und unter lautstarken Schmerz- und Ärgerbekundungen gerade das, was man nicht am dringendsten braucht, aber nichtsdestotrotz entstehen so schöne, heimelige und auch durchaus funktionale Umgebungen.
Es ist ebenfalls eine Freude, einen technisch versierten und ambitionierten Mann im Haus zu haben, der Leitungen verlegt, Mainboards austauscht, Browser-PlugIns und Desktop Search Engines empfiehlt sowie Fotos
digital aufpoliert. Er kämpft zwar manchmal stundenlang erfolglose Schlachten gegen störrische Modems und Betriebssysteme, aber nichtsdestotrotz entstehen so hochfunktionale, vernetzte Sauertöpfe.
Aber die Krönung der Schöpfung aus der Gattung Mann ist Hans-Dirk, dem zum ziemlich aufwändigen Abreißen der Tapeten in der alten Wohnung einfällt:
Warum drücken wir nicht Strg+A und Entf?
Saskia - Donnerstag, 28. Juli 2005
Es ist nett, mit jemandem zu wohnen, der an 13 von 14 Tagen kalauert und sich durchaus mal für ein paar Minuten mit Assoziationsketten unterhalten kann.
Andererseits kann es für Pragmatiker etwas schwierig werden, wenn die Sprache ein heiliges, gepflegtes Instrument ist, mit dem man nur niveauvolles Schindluder treiben darf. Wahrscheinlich sieht er schon über eine ganze Menge hinweg, wenn ich mal versuche lustig oder geistreich zu sein, aber bei einer Wendung muss ich mich vorsehen: "wir".
Ich habe immer schon gerne "wir" gesagt; für meine Familie, meine Jugndgruppe, meine Schulklasse, einen Haufen Freunde, die Kirchengemeinde und jede andere Institution oder Menschengruppe, der ich mich halbwegs verbunden fühlte. Man kann sich so nett hinter der Gruppe verstecken und steht mit seinen Taten und Meinungen nicht alleine da...
Jetzt aber muss ich "wir" vermeiden, denn es klingt nach Assimilation, nach abhängigen Wesen, die nicht getrennt voneinander auf Parties gehen können, keine eigene Meinung haben und sich einbilden, über den anderen verfügen zu können.
Also, packen... pack ich's mal an, eigentlich vielleicht sogar eine lustige Übung.
Saskia - Dienstag, 26. Juli 2005
Bisher war dieses Wort irgendwo zwischen Kinderhort und Seniorenresidenz hoffentlich bedeutungslos.
Gerade waren wir ein paar Tage im Urlaub, im Heile-Welt-Alpenvorland mit Bergen, Kühen, Kräutern und glücklichen Wanderern. Und als wir zurückkamen in den Sauertopf, hatte ich plötzlich ein wenig das Gefühl, das sei fast so wie "Heim kommen".
Früher kam ich von einer Reise zurück an so eine Art logistisches Basislager. Dieses Mal bin ich zurück gekommen an so eine Art Pril-Balsam-Zuber: Man muss sich nicht begegnen; aber es ist gut zu wissen, dass man es könnte.
Saskia - Donnerstag, 21. Juli 2005
Liebe Saskia,
ich wohne gern mit Dir zusammen. Deshalb trage ich auch den Wertstoffmüll zum entsprechenden Container, auch wenn das in meinen Augen noch gar nicht notwendig ist. Auch die Einführung des "zweiten Staubsauger-Tages" - früher nannte ich ihn schlicht und einfach Mittwoch - nehme ich hin, ich backe Dir auf Wunsch sogar vegetarische Köstlichkeiten, wenn Du der Meinung bist, Fleisch sei eben nicht Dein Gemüse, und werde in der kalten Jahreszeit Deine kalten Füßchen wärmen. Gestern jedoch bist Du zu weit gegangen. Gegen 20:30 Uhr im Sauertopf:
Du kannst doch nicht zwei Kannen Espresso an einem Tag trinken. Dass Du Dir jetzt noch einen Kaffee machst, finde ich aus finanziellen, gesundheitlichen und moralischen Gründen völlig überflüssig!
Mach das bitte nie wieder! Stell Dich nicht zwischen mich und die Bohne. Wenn ich wählen müsste, könnte ich für nichts garantieren. Das Schwarze Gold ist sehr mächtig. (Für alle, die jetzt meinen, ein mittelschweres Suchtproblem erkannt zu haben, sage ich gaaanz deutlich: Ich könnte jederzeit aufhören. Ja, jederzeit. Ein gutes Gefühl...)
:*
Hans-Dirk - Dienstag, 12. Juli 2005