Kaffeefahrt

Kaffeefahrt, Teil 4

Buenas tardes, amigos, die Ihr unsere Reise mit dem Finger auf der Landkarte - oder dem Mauszeiger auf Google Earth - verfolgt,

Eure liebsten Backpacker haben dem wilden Atlantik inzwischen den Ruecken gekehrt und sind (ueber San Jose und Ciudad Quesada) nach Los Chiles gereist. Ein staubiges Nest an der Grenze zu Nicaragua, das ueberwiegend von Tagestouristen beehrt wird, die auf einem der beiden Fluesse der faszinierenden Fauna ihre Digitalkameras entgegen recken.

Nun, eine solche Bootsfahrt haben Saskia und ich uns zwar auch gegoennt; waehrend jedoch am spaeten Nachmittag die Busse wieder in Richtung Hauptstadt rollten, nutzten wir die Gelegenheit, ein wenig Mittelamerika-Melancholie zu atmen und blieben dort. Wo der Tag im Grunde endet, sobald die Sonne Feierabend macht - was leider nicht bedeutet, dass es damit auch kuehler wuerde. Wo man auf abgedichtete Fenster keinen Wert mehr legt, weil es ohnehin unmoeglich ist, die Hitze oder das Ungeziefer aus den Haeusern zu verbannen. Wo man nachts auf seinem Bett liegt und den bizarren Schreien der Bruellaffen lauscht, im Wissen, dass auf der Innenseite der Badezimmertuer eine Kakerlake hockt, so gross wie ein Matchbox-Auto. (Wo man Notizen voller Pathos in seinen Notizblock kritzelt, die fast so schmalzig sind wie die Texte der Schlager, die in den hiesigen "sodas" gespielt werden.)

Los Chiles kommt uebrigens mit einer sportiven Variante der klassischen kolonialen Staedtearchiktektur daher: Findet man ansonsten im Zentrum jedes noch so kleinen Dorfes einen Park ("parque central") und direkt daneben die Kirche, hat man in Los Chiles auf einladende Baenke und schattenspendende Palmen verzichtet. Vor dem Gotteshaus liegt der Fussballplatz - Zentrum des kulturellen Lebens. ;)

Etwas aus der Praxis. In Costa Rica scheint es nur zwei Arten von Duschen zu geben: Die einen sind schlicht und kalt. (Bei den hohen Temperaturen soll sich der Kerl nicht so anstellen, wird nun der eine oder andere einwenden. Es kostet dennoch Ueberwindung.) Die zweite Art ist aehnlich schlicht, am Duschkopf ist allerdings ein kleines Plastikkaestchen angebracht, ein Mini-Durchlauferhitzer, der fuer eine angenehmere Wassertemperatur sorgt. Ueberwindung kosten hier die abenteuerlichen Verkabelungen des Wundergeraets - alles in der Duschkabine. Nicht oder nur notduerftig isolierte Draehte sowie der irritierende Aufdruck "600 V" sind der Grund, dass ich mich bis heute noch nicht entschieden habe, welche Sorte die bessere Wahl darstellt.

Heute: Der Transfer nach La Fortuna, wo wir in einer guten Stunde einen Blick in den Vulkan "Arenal", den aktivsten des Landes, werfen werden. Lava-Watching - leider ziehen gerade Wolken auf...

Los Chiles KF4_2 Los Chiles "suicide shower"

Kaffeefahrt, Teil 3

Buenas!

Unser Weg nach Puerto Limon fuehrte entlang an endlosen Bananenfeldern, lediglich unterbrochen von gewaltigen Burgen aus gelben Frachtkontainern. (Bemerkenswert: Etwa die Haelfte der Metallkisten trug den Aufdruck "Hamburg-Sued".)

Wildpark trifft Fototapete: Nie habe ich einen schoeneren Strand gesehen als jenen von Cahuita, nur noch wenige Kilometer von der Grenze zu Panama entfernt. Den speziellen Reiz stellten dabei nicht einmal der zuckrige Sand, die leuchtend blaue See oder die neugierig aufs Wasser hinaus schauenden Palmen dar - so etwas beschert einem ja mittlerweile jede TUI-Werbung sowie jeder zweite Film mit Leonardo DiCaprio.

Vielmehr begeisterte der direkt am Strand gelegene Dschungelstreifen, durch den ein schattiger Pfad fuehrte. Blaeuliche Krabben huschten in ihre Erdloecher, von Zeit zu Zeit schwirrte ein Kolibri durch die Urwaldkulisse, manchmal auch ein riesiger Schmetterling. Mit ein wenig Glueck liess sich in einer Baumkrone ein Faultier erspaehen, das sich gleichermassen ausgiebig wie ungeniert kratzte, leichter sogar noch eine kleine Horde niedlicher Kapuzineraeffchen. (Dass diese wenig spaeter zum Angriff uebergingen, kann man ihnen nicht vorwerfen, schliesslich hat niemand das niederlaendische Paerchen gezwungen, sein Picknick so offen auszubreiten...)

Laesst man die letzte Anekdote fort, praesentieren sich diese Kilometer Karibik als absurd schoenes, unglaublich lebendiges Paradies.

Deutlich entspannter geht es im Ortskern zu: Reggae- oder Calypsoklaenge toenen aus den "sodas" auf den staubigen Sandweg, aus den meisten Huetten dringt entweder der Duft frischer Fruechte - oder der eines St. Pauli-Heimspiels an einem warmen Augustnachmittag. :)

Fuer den beschwerlichen Bau der Eisenbahnstrecke, die den Kaffeetransport aus dem costaricanischen Hochland zur Atlantikkueste erleichtern sollte, heuerten die Ticos vor einem guten Jahrhundert reichlich Hilfskraefte aus Jamaika an, diese wurden in der Gegend heimisch und pflegen ihr Karibik-Image seither fleissig. Mit Rastafari-Muetze auf dem Haupt und einer Bob Marley-Flagge am Bolzplatz. Sicher, recht plakativ, doch mit mindestens einem Auge auf den Tourismus auch ebenso sinnvoll. Obendrein sehr unterhaltsam. (Ein weiterer Pluspunkt: Reis und Bohnen werden hier mit Kokosmilch vermischt. Endlich Abwechslung!)

Cahuita KF3_2 KF3_3 KF3_4

Kaffeefahrt, Teil 2

Cartago war lange Zeit die Hauptstadt Costa Ricas, bis der boese Vulkan "Irazu" vor etwa 250 Jahren meinte, sich ins anliegende Tal uebergeben zu muessen. Die letzten Reste der wohl einstmals praechtigen Kolonialarchitektur zerstoerten in der Folge diverse Erdbeben. So kommt das Staedtchen heute einigermassen provisorisch daher; schick ist wenig, einzig die prunkvolle Basilika kann sich aus dem Vorstadtdunst erheben.

Auf den Rucksack-Tourismus ist man in Cartago noch nicht eingestellt, auch wenn sich von dort gleich mehrere Touren anbieten. Das einzige Hotel unserer bevorzugten Preiskategorie - billig! - war bei Ankunft leider ausgebucht. "Aber versucht es doch mal da drueben", riet man uns freundlich und deutete auf eine Videothek, deren unaufdringliche Neonleuchtreklame ("Accion! Erotica!) uns zuvor eher wenig einladend vorgekommen war. Gesagt, getan - tatsaechlich gab es dort auch Zimmer zu mieten, nach dem Check-In-Gespraech ("Wie, Ihr wollt die ganze Nacht bleiben? Ach ja, der erste Film ist gratis.") verpufften die letzten Fragen...

Versoehnt durch eine eigene Kaffemaschine und guenstige Backwaren ging es am naechsten Morgen in aller Fruehe auf den bereits erwaehnten Vulkan. Der wunderbare Blick hinab in den gelblich-gruenen Kratersee, eine surreale Mondlandschaft aus feiner schwarzer Asche - das war die anstrengende Vorbereitung der Anfahrt wert. (Drei Ticos, fuenf Meinungen: Zumindest, wenn man einfach nur herausfinden moechte, wann und wo der richtige Bus faehrt.)

Auf 3400 Meter hatten nicht nur Saskia und ich, sondern auch die Reisefuehrer mit Temperaturen knapp ueber dem Gefrierpunkt gerechnet. Unerbittliche Mittagssonne empfing uns stattdessen auf dem Gipfel und gab uns krebsrote Nasen und Arme mit auf den Rueckweg.

Mittlerweile sind wir weitergereist ins Orosi-Tal, wenige Kilometer suedlich von Cartago. Kaffeepflaenzchen - ich habe die Gelegenheit genutzt und mich gleich bei mehreren davon fuer die vielen schoenen gemeinsamen Stunden bedankt - und Bananenblaetter an steilen Wanderwegen, ein Paradies in allen vorstellbaren Gruentoenen. Morgen geht es allerdings schon wieder weiter; die karibische Kueste lockt uns mit ihren Postkartenstraenden aus dem Hochland. (Alajuela, Cartago, Orosi, Turrialba, Siquirres, Puerto Limon, Cahuita. Das sollte unsere Route sein, wenn alles gut geht - und endlich jemand praezise sagen kann, wo und wann der Bus faehrt... ;))

Uebrigens: Das Kilo Bananen kostet hier etwa zehn Cent und der einzige deutsche Fussballspieler, den hier jeder kennt, ist Franz Beckenbauer.

Volcan Irazu KF2_2 Da sind tatsächlich zwei KAFFEEBOHNEN drin! Orosi

Kaffeefahrt, Teil 1

Als der ueberraschend gut gelaunte Immigration Officer auf dem Orlando International Airport unsere Fingerabdruecke gescannt hatte und eine gute Reise wuenschte, war es Gewissheit: Saskia und ich wuerden nach Costa Rica reisen! Nach insgesamt 18 Stunden - die wie im Flug vergingen - sind wir also schliesslich in San Jose gelandet. Der Flughafen liegt allerdings ein paar Kilometer ausserhalb, so dass wir es auch ob der spaeten Ankunftzeit vorzogen, die erste Nacht in Alajuela zu verbringen.

Alajuela, immerhin die zweitgroesste Stadt des Landes, kam in den fruehen Morgenstunden derart verschlafen daher, dass man sich kaum vorstellen konnte, dass hinter all den verschlossenen Rolllaeden und Tueren 185.000 Menschen leben sollen. Mittlerweile, 18:30 Uhr Ortszeit, hat sich das grundlegend geaendert. Der Freitagabend lockt die "Ticos" auf der Suche nach dem naechsten "Imperial"-Bier hervor, die durchloecherten Buergersteige sind aehnlich ueberfuellt wie die Strassen. Etwas hilflos tapsten wir gerade auf der Suche nach einem Internet-Cafe durch die verschieden Avenidas und Calles - originellerweise verzichtet man naemlich hierzulande fast vollstaendig auf Strassenbezeichnungen. Auf Nachfrage erhaelt man dann Anweisungen wie "zwei Blocks hinter dem Supermarkt XY, dann noch huntert Meter rechts"...

Unser erster Ausflug fuehrte am Vormittag in einen wunderschoenen Tierpark, der sich ruehmt, einen Grossteil der 850 in Costa Rica heimischen Vogelarten zu beherbergen. So viel Federvieh in beeindruckender Farbenvielfalt, wunderschoen eingerahmt von wild wuchernden, leuchtend gruenen Pflanzen, die bei uns wahrscheinlich nicht einen einzigen Februartag ueberleben wuerden. (An dieser Stelle hoffe ich, Ihr habt es wieder schoen kalt. Hier waren's heute angenehme 25 Grad.) In dieser malerischen Kulisse bot ein blau-goldener Papagei ein unvergessliches Schauspiel: Er hing leicht gelangweilt an einem Ast. Kopfueber, einkrallig. Schliesslich wechselte er immer ubermuetiger das Bein, das ihm gerade Halt gab - um mit einem lauten Schrei eineinhalb Meter hinab schnabelwaerts in den Dreck zu stuerzen. Wahnsinnsnummer! Warum bitte hat noch kein Ara seine eigene Fernseh-Show?!?

Ein kulinarisches Zwischenfazit gibt es auch schon: Der Kaffee ist gut, billig und in jeder besser sortierten "Soda", so heissen hier die Schnellimbisse, erhaeltlich. Ja, so hatten wir uns das gedacht. Ausserdem wie erwartet: Bestellt man eine Mahlzeit, wird nach nicht etwa gefragt, was man denn haben moechte, sondern was man denn "zu den Bohnen mit Reis" haben moechte.

Morgen geht es schon weiter nach Cartago. (Hier der Scherz fuer das Bildungsbuergertum, insbesondere ehemalige Lateinlehrer: "Wir meinen uebrigens nicht, das Cartago zerstoert werden sollte.")

Hasta luego, alles in Ordnung hier.

Alajuela Trottel-Papagei "Meine Eier sind nicht die Lösung." Cartago

Vorfreude / Vorbereitungen

Jetzt ist es wirklich absehbar, bis die große Kaffeefahrt beginnt! Wir essen bereits den Kühlschrank leer.
Die Abfahrt ist nah genug, dass ich bei aufkommenden Katastrophen in der Arbeitswelt mich bereits ins Fäustchen lachen beruhigen kann, dass sie erst nach meiner Abfahrt in ihrer vollen Gewalt losbrechen werden.
Die Abfahrt ist nicht nah genug, dass wir uns schon vorbereiten würden. Eigentlich war die Erstellung einer ersten Checkliste für Mittwochabend geplant, der dann aber von meinen Mitbewohnern doch lieber für eine Partie Pool genutzt wurde.
Gestern kurz vor Mitternacht haben wir dann doch noch die Gedanken zusammengeworfen und einen DIN A5-Zettel in drei verschiedenen Schriftausrichtungen rot vollgekritzelt (jetzt rächt sich, dass wir hier keinen Scanner haben) mit Merkposten von Fieberthermometer über Moskitozeug bis Vorhängeschloss und Wecker. Als ich mich kurz vor dem Einschlafen in eine nostalgische Tirade über das unnachahmliche Gefühl der Freiheit und Abenteuerlust hineinsteigerte, das untrennbar mit einer Klorolle im Handgepäck verbunden sei, wurde mir klar, wie sehr ich mich freue hier herauszukommen...

Rebrush "Bananenrepublik"

Der Sauertopf im neuen Gewand? Der aufmerksame Stammkunde wird sofort bemerkt haben, dass die verschwommene Impression einer unaufgeräumten Küchenzeile fremdartigen Figuren weichen musste. Wem wir es also noch nicht unter die verschnupfte Nase gerieben haben sollten: Saskia und Hans-Dirk brechen in wenigen Wochen zur nächsten größeren Exkursion auf.

In die Kaffee- und Bananenrepublik Costa Rica!

Mehr dazu, wenn's losgeht...

Sauertopf

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Zuletzt aktualisiert: 27. Mai, 17:58

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